Kinderbücher auf dem Flohmarkt

// von Boris Pfeiffer //

Ihr kennt das wahrscheinlich – Kinder, die am Nachmittag auf dem Platz sitzen und auf einer Decke das Spielzeug und die Bücher verkaufen, die sie aus ihrem Kinderzimmer ausmustern. Zum Glück finde ich dort nicht oft Bücher von mir. Denn das bedeutet, dass den Kindern die Bücher, die sie nicht verkaufen, Lieblingsbücher darstellen, die sie nicht einfach weggeben mögen.
In den letzten Monaten habe ich mich trotzdem oft erschreckt. Ich habe viele Bücher für eine wahnsinnig tolle Kinderbuchserie geschrieben, die ich selbst als Kind schon kannte und gelesen habe. Und nun tauchen verstärkt Bücher aus genau dieser Reihe auf den bunten Decken auf.
Froh bin ich, weil die Bücher, die ich dort sehe, nicht aus meiner Feder stammen, jedenfalls fast nie. Die Kehle schnürt es mir zu, weil diese Bücher gar keine Originalausgaben des Verlags sind, für den ich geschrieben habe, sondern das, was man mitunter Billigprodukte nennt. Genauer gesagt Billigprodukte aus Supermarkt-Ketten.
Wie kommt das? Es gibt Menschen, die denken, man müsse die Welt nur überschwemmen mit billiger Masse … Und das hätte dann irgendwann zur Folge, dass alle am Ende die Masse billig, billiger, noch billiger kaufen wollen.
Es gibt aber auch genauso Menschen, die spüren und denken, sie wollen etwas weniger und es soll klasse sein. Die etwas lieben.
Masse und Klasse sind deswegen noch lange keine Feinde. Viel Luft zum Atmen ist noch lange kein billiger Kram, klar. Atemluft ist klasse in Masse. Aber es gibt einen echten Unterschied zwischen Billigprodukten und innig geliebten. Und der heißt: Kaufen und danach schnell vergessen – oder auf dem Flohmarkt billig verkaufen. Oder ganz anders: Dieses Buch soll mich auch die nächsten Jahre durch mein Leben begleiten, in meinem Kinderzimmer sein, in meinem Bücherregal stehen, neben meinem Bett liegen, bei mir zuhause. Das liebe ich. Das lese ich nochmal. Das ist mein Freund. Das ist meine Freundin. Das ist mein Buch.
Oder irre ich mich da? Was denkt ihr?

©Boris Pfeiffer

// Der Verlag Akademie der Abenteuer wurde Ende 2020 gegründet. Hier fanden zunächst Kinderbücher ein neues Zuhause, die sonst aus dem Buchhandel verschwunden wären. Dies ermöglicht den Autorinnen und Autoren ihre Bücher auch weiterhin bei Lesungen vorzustellen und ihre Backlist zu pflegen. Schritt für Schritt kamen dann Neuveröffentlichungen hinzu. Seitdem sind über 50 Bücher von mehr als 20 Autorinnen und Autoren aus vielen Teilen der Welt erschienen –  zweimal hochgelobt von Elke Heidenreich, einmal in den Musenblättern zum Buch des Jahres gekürt. Alle Bücher des Verlags lassen sich finden im Überblick.

Boris Pfeiffer ist einer der meistgelesenen Kinderbuchautoren Deutschlands. Er schrieb zum Beispiel die von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen als einzigartig gelobte historisch-fantastische Zeitreisensaga ‚Akademie der Abenteuer‘, wie auch über 100 Bände für die beliebte Kinderbuchreihe ‚Drei ??? Kids‘. Von ihm stammen ‚Celfie und die Unvollkommenen‘, ‚Die Unsichtbar-Affen oder ‚Das wilde Pack‘. Er ist der Gründer des Verlags Akademie der Abenteuer. Zuletzt erschienen dort von ihm zusammen mit der in Australien lebenden Malerin Michèle Meister die Gedicht- und Bildbände für Erwachsene „Nicht aus Adams Rippe“ und „Mitten im Leben“. Die nächste Ausstellung mit den Bildern und Gedichten findet 2025 in der Bibliothek Zeuthen statt. Band 3 und 4 entstehen zur Zeit. Von Kindern mit großer Aufmerksamkeit gelesen wird Boris Pfeiffers vierbändige Ozean-Geschichte SURVIVORS, die von einem Schwarm bunt zusammengewürfelter Fische erzählt, deren gemeinsames Ziel es ist, den Klimawandel zu überleben. Sein Roman „Feuer, Erde, Wasser, Sturm – Zum Überleben brauchst du alle Sinne“ wurde in der Süddeutschen Zeitung als eines der zehn besten Jugendbücher des Jahres 2023 gewählt. Er arbeitet zur Zeit an einem neuen Roman. //

Aus dem Verlag:

1 Comment

  1. Lieber Boris,
    Deine Beobachtungen sind scharf und deine Gefühle absolut nachvollziehbar. Deine Erleichterung, wenn du deine Bücher selten auf den Flohmarktdecken siehst, zeigt, dass sie Lieblingsbücher sind – Schätze, die man nicht einfach weggeben will.
    Deine Sorge um die geliebte Serie, die nun als „Billigprodukte“ auftaucht, ist mehr als berechtigt. Das spiegelt die Überflutung des Marktes wider, die Wert auf Quantität statt Qualität legt.
    Aber du irrst dich keineswegs. Du hast recht: Masse und Klasse müssen keine Feinde sein. Der Unterschied liegt in der Wertschätzung: zwischen Büchern, die schnell vergessen und billig verkauft werden, und denen, die zu „Freunden“ werden, die einen durchs Leben begleiten und immer wieder gelesen werden wollen.
    Du hast das Wesentliche erfasst. Es geht nicht um die schiere Menge, sondern um die Spuren, die eine Geschichte im Herzen hinterlässt. Und die Tatsache, dass deine Bücher selten auf diesen Decken landen, zeigt, dass dir genau das gelingt. Das ist das größte Kompliment für dich und der wahre Wert deiner Arbeit.

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