von Anka Rahn
Klein Fritzchen kommt quer über den Hof angerannt. Es hat schon geklingelt und die große Eingangstür wird gleich zugemacht. Seine Klassenlehrerin hatte bereits bei allen anderen Kindern die Elternunterschriften auf den offiziellen Formularen kontrolliert, die belegen sollen, dass die Kinder zu Hause auf Corona getestet wurden. Nun wartet sie noch auf Fritzchen. Er beeilt sich, die Maske vor das Gesicht zu ziehen.
„Fritzchen, du kommst aber heute spät. Warum denn?“, fragt sie und lächelt mit den Augen.
„Mama konnte den Test nicht mit mir machen.“
„Oh, habt ihr keine mehr zu Hause?“
„Doch, es sind noch welche da?“
„Warum denn dann?“
„Meine Mama ist krank. Es geht ihr nicht gut.“
„Das ist ja gar nicht schön.“
Schnell schüttelt sich Fritzchen den Ranzen vom Rücken, geht in die Knie und kramt darin herum. „Aber den Zettel, den habe ich bei“, ruft er und fuchtelt damit seiner Lehrerin vor dem Gesicht herum.
„Unterschreiben ging auch im Bett.“
Die Augen der Lehrerin lächelt inzwischen nicht mehr.
„Was hat denn deine Mama, Fritzchen?“
„Na Corona.“
Anka Rahn
(*1962), Dipl.-Lehrerin für Kunsterziehung und Deutsch
Ich bin eine geborene Optimistin, ein Mensch, der immer „wackeln“ muss und der sehr neugierig ist.
Seit 1985 unterrichte ich an Grund- und Oberschulen Kunst und Deutsch; habe an ein paar Schulbüchern mitgewirkt,
beteilige mich an der Organisation und Durchführung diverser Projekte und leite an einer Eberswalder Schule die Boris-Pfeiffer-Schulbibliothek. Seit meiner Schulzeit, als mir in den DDR – Zeitschriften „Das Magazin“ und „Neues Leben“ Aphorismen begegnet sind, schätze und sammle ich sie.