von Boris Pfeiffer
Dass Schriftsteller sich nicht immer grün sind, ist klar. In der Regel läuft es darauf hinaus, dass der eine sich für den besten und den anderen für den maximal nächstbesten hält. Im Grunde genommen ist es ein langweiliges Spiel. Woran es liegt, dass einer den anderen doch für ganz gut hält? Es könnte am Erfolg bemessen werden. Vielleicht auch an echter Liebe. Schwer zu sagen. Leichter aber ist es, auf einen anderen herabzusehen. Es gefällt einem dann nicht, was er schreibt, wie er es sagt, was er zu sagen hat oder vor allem eben generell nicht so richtig. Vielleicht sind sich alle Menschen nicht wirklich grün. Darum hört auch keiner gerne Kritik. Vernichtendes schon gar nicht. Manchmal muss man aber auch vernichten. Doch ist der ehrliche Umgang das Schwerste, was es gibt. Zumal man nie weiß, ob die vernichtende Kritik aus ehrlichem Herzen kommt oder aus einer dunklen Mördergrube. Die meisten beherrschen die wahrhaftige Kritik nicht. Weder in der Ausgabe noch in der Annahme. Aus Großzügigkeit ist es leicht, Nettes zu sagen, vor allem, wenn es einem selber gut geht. Auch wenn man selber keinen Ansporn verspürt, das zu sein, was der andere ist, kann man ihm gut sagen, dass er jemand ist. Solche Worte liegen dem Gottesbeweis nicht so weit entfernt. Darum sind auch die neuen Plagiatsjäger die neuen Götter. Sie vernichten ohne selbst zu sein. Manchmal treffen sie allerdings auch die Richtigen. Genau in dieser Lücke liegt ihre göttliche Unantastbarkeit. Vielleicht liegt dem allen aber auch ein Mangel an Emotionalität zugrunde, an wirklichem Mitfühlen oder eine neue Kategorie: die soziopathische Empathie. Sich selbst beweisen zu wollen, gilt immer noch allgemein als aufrechter Weg. Die Straße zum Abgrund ist natürlich immer eine andere Geschichte.
Boris Pfeiffer ist einer der meistgelesenen Kinderbuchautoren Deutschlands, sein Werk in viele Sprachen übersetzt. Im Verlag Akademie der Abenteuer erscheint seine (dem Verlag den Namen gebende) Buchreihe um die Magie des Wissens und die Macht des Geldes Akademie der Abenteuer. Zuletzt erschien zusammen mit der in Australien lebenden Malerin Michèle Meister der Gedichtband Lockdown – ein C-Movie.