von Nasrin Siege
Der Regen hat aufgehört. Zeit für den Spaziergang. Gegen Corona. So nenne ich ihn. Manchmal ins Frankfurter Umland, doch oft auch um den Block oder in einen der nahen Parks. Der Grüneburgpark ist etwas größer und der Weg zu ihm etwas weiter. Der Rothschildpark ist um die Ecke und wenn ich Lust bekomme, laufe ich von hier aus zur Alten Oper. Und da ist noch der Palmengarten. Auch nicht weit. Doch der ist geschlossen. Wegen Corona. Verstehe ich nicht. Weitläufig ist er und in ihm Abstand halten ist kein Kunststück.
Was solls! Ich gehe jetzt los!
Meine Füße tragen mich Richtung Grüneburgpark. Die Straße dorthin ist leer. Die wenigen Menschen in ihr tragen Masken. Wie ich. Ganz selbstverständlich und nicht mehr so komisch wie am Anfang vor langer Zeit. Da habe ich noch geguckt, wenn mir eine Maske begegnete. Alle haben geguckt. Jetzt guckt man, wenn einer nicht die Maske trägt. Dann wird die Straßenseite gewechselt. Oder auf der Straße gegangen.
Eine Frau mit wuschelig-blonden Locken kommt mir entgegen. Meine Nachbarin hat solche Locken. Ist sie das? Ich habe sie lange nicht mehr gesehen. Und wegen der Maske habe ich mich schon häufiger geirrt …
Drei maskierte Jungen folgen ihr. Einer fällt, steht auf und läuft weiter.
Das ist nicht meine Nachbarin. Meine Nachbarin hat zwei Jungen.
Die Frau mit den Locken überquert die Straße. Die Frau mit den Locken und der Maske grüßt mich. Also doch! Meine Nachbarin.
Drei Jungen folgen ihr. Ihre zwei begrüßen mich.
Ihr Freund aber bleibt am Straßenrand vor mir stehen, lacht mich mit seinen dunklen Augen an: „Ich hab‘ doch die allerbesten Tanzschritte der Welt, nicht wahr?“ Und dann tanzt er und zeigt mir schnell und meisterhaft seine supertollen Tanzschritte! WOW!
„Das stimmt!“, bestätige ich dem kleinen Tänzer. „Du hast wirklich die allerbesten Tanzschritte der Welt!“
Mit strahlenden Augen tanzt er beschwingt seinen Freunden hinterher und ich zum Grüneburgpark.