Echo

von Maria Giovanna Tassinari

Freitag Abend. Ich bin bis 10 Uhr abends in der Uni geblieben. Auf dem nach Hause will ich mir etwas zu essen kaufen. Ich fahre bis zum Ku’damm und parke das Auto am Straßenrand. Einige junge Männer und Frauen trinken Bier und unterhalten sich laut auf dem Bürgersteig. Aus einem schwarzen SUV dringt Musik. Ein weiteres Auto kommt schnell angefahren und hält hinter meinem. Die Bremsen quietschen. Zwei junge Männer steigen aus. Ich gehe an allen vorbei, werfe nur einen Seitenblick auf die Menschen. Ich fühle mich so fremd.
Ich gehe rechts in die Fasanenstrasse, an den S-Bahn-Bögen ist eine kleine Burger-Bude, betrieben von jungen Männern. Ich war schon einmal da, sie waren sehr freundlich, der Burger hat gut geschmeckt. Ich bestelle. „Es dauert acht Minuten“, sagt mir der Besitzer und wendet sich wieder dem Grill zu.
Auf der anderen Straßenseite, auf einer niedrigen Mauer, sitzt eine Frau. Es ist kalt, es ist nachts, sie sitzt einfach da und tut nichts. Sie schaut mich verstohlen an. Ich schaue sie an: ihr Blick, ihr Gesichtsausdruck strahlen eine geduldige, anhaltende Traurigkeit aus. Meine Augen und ihre Augen verbinden sich. Ich lasse ihre Traurigkeit auf mich zuströmen.
Mein Hamburger ist fertig. Ich nehme ihn und gehe Richtung Auto, Richtung nach Hause. Die Frau hinter mir bleibt. Bleibt in mir.

 „Strangers passing in the street / By chance, two separate glances meet / And I am you and what I see is me.“ (Echoes, Pink Floyd)

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