von Boris Pfeiffer
Aufgeregt kommt sie auf uns zu. Ihr Gesicht glüht, ihre Augen rollen, sie bebt. „Wie schön, dass ich euch treffe, habe ich euch schon erzählt …“ Bis vor wenigen Jahren sind wir uns mehr oder minder täglich so begegnet. Es war die Zeit, als wir um unsere Wohnungen gekämpft haben. Das alte Mietshaus wanderte damals von der Hand eines Investors zum nächsten und jeder trug seinen Teil zur Zerstörung bei. Löcher, die aus Nebenwohnungen in die gemieteten eigenen vier Wände geschlagen wurden, Wasser, das von der Decke lief, Decken, die unterhalb der eigenen Wohnung herausgeschlagen wurden, offenstehende Fenster in jeder entmieteten Wohnung. In dieser Zeit wurde sie zur Kämpferin. Sie sprach mit investigativen Journalisten, suchte Kontakt zu Abgeordneten, zu Denkmalschützern, zum Mieterverein. Am Ende wurde sie wie alle verbliebenen Mieter umgesetzt. Jetzt hat sie für einige Jahre eine Ersatzwohnung. „Was ist denn los?“, fragen wir. Sie reißt die Augen auf: „Die Spatzen! Die machen so einen Krieg auf meinem Balkon. Und nicht nur die. Auch die Mauersegler. Die haben ein Loch über meiner Balkontür, da leben sie drin. Ich habe so einen italienischen Wandvorhang davor gehängt, so bunte Perlen, wisst ihr. Aber sie schlüpfen direkt hindurch. Ich habe ihnen eine hübsche Tür gebaut, anstatt sie zu vertreiben.“ Wir sehen sie stumm an. „Ja“, gibt sie zu. „Ich bin aufgeregt. Immer noch. Ich weiß wirklich nicht, ob ich je wieder aus diesem Kampfmodus herauskomme.“