Über die Vergänglichkeit

// von Erwin Grosche //

Was wäre, wenn ein Bademeister seinen Fähigkeiten als Bademeister misstrauen würde, wenn er erkennen würde, „ich entwickle mich nicht weiter“. Was wäre, wenn er zugeben würde, dass ihm das Wasser zu kalt ist und es ihm gegen den Strich geht, wenn er, um einen Menschen zu retten, vom Rand des Beckens springen muss. Man springt nicht vom Rand des Beckens! Gott hat uns viele Freiheiten gegeben, „vom Rand des Beckens zu springen“ gehört nicht dazu. Was wäre, wenn der Bademeister sich durch eine Durchsage selbst outen würde, durch eine vernuschelte kaum zu verstehende Durchsage, dass er als Bademeister versagt hat und seinen Abschied einreicht. Er wäre sich nicht mehr sicher, ob er dem Glanz dieses Freibads, der Tradition seines Bademeisterberufes gerecht wird, er wolle sich zurückziehen, um neuen Leuten, die bisher nur beim Großfigurenschach auffielen, eine Möglichkeit zu geben, sich zu profilieren. Was wäre dann? Tun wir doch nicht so, als hätten wir die Weisheit mit Löffeln gefressen. Wir sind hilflos und verwundbar und wir wissen nichts von Belang. Was wäre, wenn die Friseure zugeben würden, dass sie ihren Aufgaben nicht mehr gewachsen sind. „Wir stehen unter großem Druck, die Leute wollen Frisuren haben, die ihnen gar nicht stehen. Sie kommen in den Salon und wollen zum Guten verändert werden. Wie soll ich das machen? Da reicht ja nicht nur eine Frisur, im Grunde müssten sie von Grund  auf verändert werden. Ich treffe Leute, die denken, dass Helene Fischer mit Hansi Hinterseer zusammen war, und dabei war das Florian Silbereisen. Damit die Haare zum Typ passen, muss man erstmal erst ein Typ sein.“ Was wäre, wenn die Kinder sagen würden, wir vermissen unser Kindsein. Wir vermissen unsere Verbundenheit mit der Unschuld. Wir vermissen unseren Glauben und die Liebe Gottes. Wir fühlen uns beim Zusammenleben mit euch überfordert. Die schnellen Einflüsse, die neuen Ablenkungsmaschinen machen uns verrückt. Wir fühlen uns unbehütet, ungeliebt und beobachtet. Wir sind enttäuscht von Euch. Was wäre, wenn ein Mensch plötzlich erkennen würde, dass er als Mensch, als Mitbewohner des Planeten, das schwache Glied in der Kette ist und dem Planeten am meisten schadet? Was wäre, wenn der Mensch den anderen sagen würde, lasst uns unseren Auftrag als Behüter des Planeten und Bewahrer des Guten abgeben. Wir  haben versagt. Planen wir nicht unser Überleben, sondern den Rückzug. Das sind wir dem Sonnenuntergang, dem Schnee auf den Bergen, und den sich öffnenden Blüten schuldig. Alles wird sich zum besseren ändern, wenn wir nicht mehr da sind.

Der Autor, Schauspieler, Kabarettist und – nicht zu vergessen ! – Paderborner Erwin Grosche, in jedem seiner Fächer ein herz- und kopferreichender Meister, veröffentlicht im Verlag Akademie der Abenteuer als nächtes Buch den Gedichtband „Das ist nicht so, das ist ganz anders“. Die umwerfenden farbigen Holzschnitte dazu stammen von Hans Christian Rüngeler. Inzwischen arbeitet Erwin Grosche an „Grosches Weltlexikon Zwo“ – es wird im Frühjahr 2023 im Verlag Akademie-der-Abenteuer erscheinen.

Der Verlag Akademie der Abenteuer wurde Ende 2020 gegründet, um in diesem Kinderbücher neu aufzulegen und Bücher in die Welt zu bringen, die es sonst vielleicht nicht gegeben hätte. Seitdem sind über 50 Bücher von mehr als 20 Autorinnen und Autoren aus vielen Teilen der Welt erschienen – und die Reise geht weiter. Alle Bücher des Verlags lassen sich finden im Überblick.

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