Respekt

von Felix Huby

Ein alter Mann, so um die 80, hat in der „Fressetage“ des KaDeWe eingekauft, steht in einer kleinen Schlange vor der Kasse, um zu bezahlen und als er dran ist, hat er Mühe, das Geld aus seinem altertümlichen Portemonnaie zu klauben. Hinter ihm ein junger Mann: „Wie lang dauert dit denn noch?“ „Ich hab `s gleich“, sagt der Alte, aber er kommt nicht zurecht. „Eine junge Frau ruft: „Ich versteh sowieso nicht, warum die immer grade dann einkaufen müssen, wenn am meisten Betrieb ist.“ Der Jüngling mault: „Man sollte den alten Säcken ihre Rente halbieren.“ Da überlässt der alte Mann, offenbar ein Schwabe, der Kassiererin seinen Geldbeutel, dreht sich um und fixiert ihn: „‚Halt du mal dei ungewasches Maul, Bürschle. Mir alte Säck hent eure Eltern und zum großen Teil auch euch großgezoge – gepampert und gepäppelt, hat neulich einer g’schrieben. Und von dem weiß ich auch, dass im Durchschnitt jeder alte Mensch über 70 heutzutage seine Enkel mit 2.000 Euro im Jahr unterstützt. Und wenn das deine Omas und Opas nicht machet, liegt’s ja vielleicht daran, dass du so ein unhöflicher und eingebildeter Mensch bischt. Ich verlang ja gar nicht, dass so oiner wie du mir im Omnibus en Platz anbietet, wenn ich stehe muss, oder mir beim Trage hilft, wenn ich meine Tasche selber kaum schleppa kann. Aber ich bitte mir Respekt aus. Verstanden! Respekt!“ Irgendwer aus der Schlange, die inzwischen angewachsen war, rief laut „Bravo“ plötzlich klatschten ein paar Leute Beifall.
Der alte Mann hatte gar nicht bemerkt, dass ihm die Leute zugehört hatten. Er nahm seine Einkäufe und seinen Geldbeutel entgegen. Erst als er die Rolltreppe hinunterfuhr ins Erdgeschoss, gönnte er sich ein zufriedenes Lächeln. Erlebt im Kaufhaus des Westens in Berlin.

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