von Maria Giovanna Tassinari
Recently I started again to knit. Was it a coincidence or not, we passed a wool shop by and saw multicolor, soft wool in the window: a thick spun, blue, indigo, purple, light green, grey-blue. “It had my face”, as we say in Italian. It looked like me.
It took me a while to get into knitting again. The basic movements were there, how to keep the yarn between the fingers, how to pass it over or under the needle, through the stich, how to enchain the stiches one after the other, creating a soft rhythm.
I hadn’t knitted for years. So, I had to relearn how to calculate the stiches for a sweater, how to decrease and increase stiches, how to make a nice, neat V-neck. If you look for tips and tricks on the internet, the most websites tell you to make a gauge, they give you complicated formulae for calculating the right number of stiches and rows – I didn’t even try to understand. I went – literally – by trial and error. I don’t know how many times I had to recast the front piece: five, six? Then, since the yarn was really, really thick, I changed the pattern into a smooth one.
I knitted in the evening, sitting at the kitchen table, sometimes talking on the phone, sometimes watching a movie, sometimes reading. I found myself again studying and knitting at the same time, like I used to do at the university. Knitting keeps my hands moving and my mind focuses. Now and then I stop to underline something, to make a note. Then I go on reading, reading and thinking, reading and thinking and knitting.
It took longer than I thought to finish my sweater. Approaching the end, I found in myself a sort of fear of casting off a piece. I waited until the last minute, to see if the front and the back would fit together, and the sleeves, too. Really, casting off is the last thing you do. I do. It seems so final. It is.
So, in my knitting basket – a nice, dark brown willow basket – the pieces were waiting for the others to get finished, to be seamed together.
It took longer than I thought. But I finished. The pieces fitted. And now, right now, while I am writing, I am wearing a nice, colorful sweater that keeps me warm in these winter days. All done by myself. For me.
Vor kurzem habe ich wieder angefangen zu stricken. Ob es Zufall war oder nicht, kamen wir an einem Wollgeschäft vorbei und sahen im Schaufenster mehrfarbige, weiche Wolle: eine dick gesponnene Wolle, blau, indigoblau, lila, hellgrün, graublau. „Sie hatte mein Gesicht“, wie wir auf Italienisch sagen. Sie sah aus wie ich.
Es dauerte eine Weile, bis ich mich wieder in das Stricken einfand. Die Grundbewegungen waren da, wie man den Faden zwischen den Fingern hält, wie man ihn über oder unter der Nadel durch die Masche führt, wie man die Maschen nacheinander, aneinander reiht und einen sanften Rhythmus erzeugt.
Ich hatte seit Jahren nicht mehr gestrickt. Ich musste also neu lernen, wie man die Maschen für einen Pullover berechnet, wie man Maschen ab- und zunimmt, wie man einen schönen, sauberen V-Ausschnitt macht. Wenn man im Internet nach Tipps und Tricks sucht, wird einem auf den meisten Websites gesagt, man solle eine Probe machen, und es werden komplizierte Formeln zur Berechnung der richtigen Anzahl von Maschen und Reihen angegeben – ich habe nicht einmal versucht, das zu verstehen. Ich habe es – buchstäblich – durch trial and error geschafft. Ich weiß nicht, wie oft ich das Vorderteil neu ansetzen musste: fünf, sechs Mal? Da die Wolle sehr, sehr dick war, habe ich dann das Muster in ein glattes geändert.
Abends saß ich am Küchentisch und strickte, manchmal telefonierte ich, manchmal sah ich einen Film, manchmal las ich. Ich fing wieder an, gleichzeitig zu lernen und zu stricken, wie ich es früher an der Universität getan hatte. Beim Stricken bleiben meine Hände in Bewegung und mein Geist konzentriert sich. Ab und zu halte ich inne, um etwas zu unterstreichen, um eine Notiz zu machen. Dann lese ich weiter, lese und denke, lese und denke und stricke.
Es hat länger gedauert, als ich dachte, meinen Pullover fertigzustellen. Als ich mich dem Ende näherte, spürte ich in mir eine Art Angst, ein Stück abzulegen. Ich habe bis zur letzten Minute gewartet, um zu sehen, ob Vorder- und Rückteil zusammenpassen, und auch die Ärmel. Das Schließen eines Strickteils ist wirklich das Letzte, was man tut. Was ich tue. Es scheint so endgültig zu sein. Ist es auch.
In meinem Strickkorb – einem schönen, dunkelbraunen Weidenkorb – warteten die Teile also darauf, dass die anderen fertig werden und zusammengenäht werden.
Es hat länger gedauert, als ich dachte. Aber ich bin fertig geworden. Die Teile passten zusammen. Und jetzt, genau jetzt, während ich schreibe, trage ich einen schönen, bunten Pullover, der mich in diesen Wintertagen warm hält. Alles selbst gemacht. Für mich.
Maria Giovanna Tassinari leitet das Selbstlernzentrum am Sprachenzentrum der Freien Universität Berlin. Ihre Forschungsinteressen sind Autonomie von Lernenden und Lehrenden, Sprachlernberatung, Emotionen und Gefühle in Fremdsprachenlern- und lehrprozesse sowie in Beratungsprozessen.
Sie ist im wissenschaftlichen Board des Research Institute for Autonomy in Language Education, sowie Mitglied von Learner Autonomy Special Interest Group vom IATEFL und Autonomy Focus Group von Cercles.
Neben ihren wissenschaftlichen Publikationen hat sie auch einen privaten Blog.
https://www.sprachenzentrum.fu-berlin.de/slz/index.html
https://lasig.iatefl.org/
https://kuis.kandagaigo.ac.jp/rilae/
https://bloggiovi.wordpress.com/
OMG, I admire you for being able to knit and read at the same time. Knit and watch a movie is ok for me, but focus on reading… Wow!!!
Hi Kerstin, I can read only when I do very simple patterns. And now and then I have to stop… Anyway, let’s do a Zoom knitting party one of these days!