In Tübingen

von Boris Pfeiffer

Er hat lange rote Haare, eine Mütze auf dem Kopf, barfuß ist er, hat zerlumpte Hosen an, eine zerlumpte Jacke und ein Hemd. Schreiend läuft er über den Marktplatz. Schreiend, hin und her schreiend, seine Worte sind nicht zu verstehen, nur sein Ausdruck ist klar, wild, wütend, die Welt aus den Fugen reißend. Ich sehe am Rande des Platzes eine Decke an eine Hauswand auf dem Boden liegen. Kurz darauf kommt er schreiend zurück, ich gehe hinter ihm über den Platz. Als ich später ebendort zurückkomme, sitzt er auf der Decke. Seine raue Stimme ruft jetzt nur noch leise. Zuerst will ich ihm ausweichen. Dann aber zieht mich etwas dicht an ihm vorbei. Ich gehe einen Meter vor ihm über den Platz. Ich will ihn zuerst nicht angucken. Dann entscheide ich mich um. Ich schaue ihn an. Seine Augen sind hell und klar. Blau und hell und klar. Und ein großes Lächeln steht in ihnen. Alles in seinen Augen ist ganz im Gegensatz zu seinem Auftritt, zu seiner Stimme, zu dem, was er den Menschen zeigt. In seinen Augen ist er ein freundlicher, hingewandter Mensch. Ich lächele ihm zu. Seine Augen lächeln zurück. Sein Lächeln breitet sich bis auf seine Lippen aus.

Boris Pfeiffer ist einer der meistgelesenen Kinderbuchautoren Deutschlands und Gründer des Verlags Akademie der Abenteuer. Zuletzt erschien dort zusammen mit der in Australien lebenden Malerin Michèle Meister der Gedicht- und Bildband für Erwachsene Lockdown – ein C-Movie. Ende September 2021 erschien bei Harper & Collins der erste Band seiner neuen Kinderbuchreihe SURVIVORS.

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