von Erwin Grosche
Die Selbstumarmung kann oft die letzte Zuwendung sein, die einen einsamen Menschen über Wasser hält. Ich halte diese Form der Zweisamkeit für normal und durchaus für gottgewollt. Man weiß doch selbst am besten was einem gut tut.
Umarmen sie sich. Drücken sie sich so feste an sich, als schwebten sie gemeinsam an einem Fallschirm auf die rettende Erde. Sagen sie dabei: „Ich lass dich nicht im Stich. Du bist mein ein und alles. Ohne dich ist mein Leben sinnlos.“
Man kann und muss nicht lachen, wenn man sich selbst kitzelt. Man kann keine Liebeslieder summen, wenn man sich die Nase zuhält. Bei der Selbstumarmung sind uns keine Grenzen gesetzt. Manche gehen sich selbst durch die Haare und flüstern: „Ich lasse ein gutes Haar an dir.“
Andere klopfen sich auf die Schultern, als hätte man großes geleistet, als hätte man vor Glück sich verschluckt. Ich kenne Selbstumarmer, die können nicht mehr die Finger von sich lassen. Ich habe einen Freund, der lackiert sich bei einer Selbstumarmung die Fingernägel, und gibt sich der Illusion hin, da hätte sich jemand eigens für ihn herausgeputzt. „Du willst es doch auch.“
Ein Nachbar von mir der flüstert dazu immer seine Liebesschwüre, um der Situation einen intimeren Touch zu geben: „Ich weiß, ich habe deinen Geburtstag vergessen, aber wie soll ich ihn mir merken, du siehst einfach auch nie älter aus.“
Lernen sie bei aller Liebe auch mal „nein“ zu sagen. Man muss nicht alles machen, was sie von sich verlangen. „Lass das Ohr in Ruhe. Ich warne dich.“ Gerade wenn man sich so gut kennt, wie sie sich kennen, sind Geheimnisse aufregend und ersparen die zu frühe Vorhersehbarkeit.
Das ist eine Win-win-Situation, eine Er-win-Situation, „Ich bin nun treu. Ich liebe mich.“ Man kann sich selbst auch in den Hintern treten, doch das macht nur Sinn, wenn man bei der Selbstumarmung an jemand anderen gedacht hat.
Der Autor, Schauspieler, Kabarettist und – nicht zu vergessen ! – Paderborner Erwin Grosche, in jedem seiner Fächer ein herz- und kopferreichender Meister, veröffentlicht im Verlag Akademie der Abenteuer als nächtes Buch den Gedichtband „Das ist nicht so, das ist ganz anders“. Die umwerfenden farbigen Holzschnitte dazu stammen von Hans Christian Rüngeler.