Traum vom 1. Mai

von Boris Pfeiffer

Als wir sie sahen, hatten wir zuerst ein bisschen Angst. So viele Leute auf einmal. Wir waren es nicht mehr gewohnt. Misstrauisch sahen wir hin, furchtsam. Einer hatte sich Plüschtierkuhköpfe an die Lenkradgriffe gemacht. Einer trug ein Schild: Burn fat – not oil. Einige hatten Musikboxen dabei, aus denen dies und das herausschallte. Eine trug eine Silberglitzerjacke. Eine eine Rotglitzerjacke. Ein paar überholten sich gegenseitig. Ein paar bummelten. Ein paar fuhren auf der anderen Straßenseite. Es war eh alles für sie abgesperrt. Demo. Fahrraddemo. 1. Mai. Und dann gingen uns auf einmal die Herzen auf. Menschen. Wir waren unter Menschen. Alleine, weil sie zusammenkamen, sagten sie etwas. Sagten etwas aus. Waren Sprache. Als wir noch durch die Straßen gingen. Die Gesichter sahen. Uns erblickten. Im Supermarkt. Im Bus. Im Kaufhaus. Beim Tanzen. In der Schule. Auf Geselligkeiten. Nachts. Augen und Lippen. Aufeinander abfuhren. Uns wollten. Als all das genauso auf uns lauerte wie die Abschirmung.    

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