Austausch in der Künstlerwerkstatt

von Boris Pfeiffer

Wo es nicht darum ginge, und seien es noch so feine, Macht- oder Durchsetzungsinteressen vornan zu stellen und durchzudrücken, aber zuzuhören, möglicherweise zu lernen, aufzunehmen, anzuerkennen, etwas zu verweben. Ein schwieriges Feld für sicher 90 Prozent derer, die ich kenne.
Selbstbehauptung, Selbstbeweiskraft, meist verbunden mit Angst – zum Beispiel vor der Anerkennungslosigkeit. Ich liste lieber nicht weiter auf. Man könnte es mir falsch auslegen. Festzuhalten bleibt: Erst kommt die Wut, dann die Auseinandersetzung. Erst kommt die Verdrängung, dann das Nachdenken. Erst kommt die Panzerung, dann die Offenheit.
Erst kommt der menschliche Hochmut, dann das Verflechtungswerk der lebendigen Natur, wie es Pilze, Wurzeln, Luftströme, Wasserläufe selbstverständlich dauernd leisten und uns zum Vorbild dienen. Der Mensch ist eigenartig, ein leicht sich Absondernder (Im Parzival heißt es dazu: Ich bin ein Mann, der Sünde hat), ein Abgesonderter und dann denkt er, nur so ginge es. Nicht umsonst belastet er den Planeten. Nicht umsonst übersteigt der Ehrgeiz (zu) oft die Lernbereitschaft. Und dummerweise verstehen sich Lernende eher als Lernende, als es Lernunwillige vermögen, zumal, wenn diese sich noch dazu als Lehrende verstanden wissen wollen. Ein überaus reiches Konflikt- und Einsamkeitsfeld, dem nur (sic!) die Lehre Abhilfe verschaffen kann. Welche Lehre, welche Form der Lehre aber dann, wenn uns doch der Genie- und Wahnsinnskult der Einzelnen mehr als alles andere in den irdischen Abgrund treibt? Die beste Künstlerwerkstatt ist dann eben kein Ort, wo einer dem Meister zuarbeitet oder gar zuträgt, sondern „ein Zentrum, ein Ort, an dem Wissen ausgetauscht, geteilt und diskutiert“ wird.
(siehe: Sven Dupé, https://www.mpg.de/4727300/Wissen_Kuenstlerwerkstatt).
Und welche neue Leichtigkeit überkommt den Geist, der sich diesem Gedanken wahrhaft hingibt und ihn in die Tat umzusetzen bereit wird. Ein Netzwerk tüchtiger Menschen, die ihr Bestes teilen und ihre Egos nicht zu mehr nutzen, als es zum puren Überleben nötig ist. Auch die Klapperschlange greift keinen Menschen von sich aus an, sie sendet zunächst immer nur Warnungen, wenn sie sich nämlich bedroht fühlt. Warnungen sind Teil eines friedliches Miteinanders, außer bei Kriegstreibern. Von denen aber gibt es natürlich mehr als genug.

Boris Pfeiffer ist einer der meistgelesenen Kinderbuchautoren Deutschlands und Gründer des Verlags Akademie der Abenteuer. Zuletzt erschien dort zusammen mit der in Australien lebenden Malerin Michèle Meister der Gedicht- und Bildband für Erwachsene Lockdown – ein C-Movie. Ende September 2021 erscheint bei Harper & Collins der erste Band seiner neuen Kinderbuchreihe SURVIVORS.

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